Insolvenzantrag für eine GmbH kann wirtschaftlicher Totalschaden sein

Insolvenzantrag für eine GmbH kann wirtschaftlicher Totalschaden sein

Insolvenzantrag für eine GmbH kann wirtschaftlicher Totalschaden sein

Ein Geschäftsführer Gesellschafter einer GmbH hat nicht nur einen Totalschaden erlitten, sondern muß auch noch Steuernachforderungen fürchten. Die Finanzämter könnten Steuerverechnungen zurückfordern, erklärte Insolvenzverwalter.

Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass die gesamten privaten Ersparnisse des Geschäftsführers und Gesellschafters  die er in Höhe von mehreren tausend Euro angibt, für den Geschäftsführer vollständig verloren sind. Mit dem Geld der GmbH sei die Lebensversicherung der Ehefrau des Gesellschafters und eine Anlage beim Bankhaus sowie Immobilien gekauft worden. Letzte Vermögenswerte und umfangreicher Immobilienbesitz seien wenige Monate vor der Insolvenz verkauft worden. Derzeit versuche er zu klären, an wen die Gelder verschoben wurden, erklärte der Insolvenzverwalter. Das Problem für den Geschäftsführer und Gesellschafter: Er kann die Behauptungen des Insolvenzverwalters nicht widerlegen und muss sich dessen Mutmaßungen gefallen lassen.

Weil er der Umkehr der Beweislast unterliegt.
Anders wäre es gewesen, wenn der Geschäftsführer nicht persönlich einen Insolvenzantrag gestellt hätte, sondern die GmbH vor Antragstellung veräußert worden wäre. Dann sehe das Blatt anders aus. Der Insolvenzverwalter würde mit seinen Spekulationen ins leere gehen.

Gemäß § 64 Abs. 2 GmbH-Gesetz sind die Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung der Überschuldung geleistet werden.
Voraussetzung für eine Haftung sind dementsprechend nur folgende Voraussetzungen:

• Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung
• Zahlung

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen – § 17 Insolvenzordnung (InsO). Nach der Rechtsprechung des 9. Zivilsenates des BGH, liegt Zahlungsunfähigkeit bereits vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sämtliche fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Einfacher ausdrückt, wenn zum Beispiel zehn Euro an fälligen Verbindlichkeiten nur neun Euro flüssige Zahlungsmittel gegenüber stehen, liegt Zahlungsunfähigkeit vor.
Es kommt nach der Rechtsprechung des 9. Zivilsenates unter anderem nicht darauf an, ob noch beträchtliche Zahlungen geleistet werden können oder bereits geleistet wurden. Es zählt nur, ob sämtliche fälligen Verbindlichkeiten beglichen werden können. Allenfalls eine weniger als zehnprozentige Unterdeckung wird unter bestimmten Bedingungen toleriert. Verbindet man nun § 17 InsO und § 64 GmbHG, so kann man leicht nachvollziehen, dass sich ein Geschäftsführer sehr schnell in der Haftung befindet. Man kann mit Recht sagen, dass das ein scharfes Schwert für die Geschäftsführer einer GmbH darstellt.

Auswirkungen in der Praxis
Ein Geschäftsführer, der diese Zeilen ließt, wird sich eventuell sagen, dass es doch eher unwahrscheinlich ist, dass er von der Gesellschaft später aus § 64 Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommen wird. Vor allem, wenn er Alleingesellschafter oder maßgeblich an der Gesellschaft beteiligt ist oder die Gesellschaft die Zahlungen ausdrücklich gebilligt hat. Dies ist auch durchaus richtig.

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Der wirkliche Haftungsfall tritt erst ein, wenn über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.
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Dann kann der Insolvenzverwalter gemäß § 92 InsO den der Gesellschaft entstandenen Gesamtschaden, der durch die Zahlungen des Geschäftsführers für die Gläubigergesamtheit entstanden ist, geltend machen. Da kommt es dann eben nicht darauf an, ob der Geschäftsführer Alleingesellschafter oder maßgeblich an der Gesellschaft beteiligt war. Auch nicht ob die Gesellschaft unabhängig davon die Zahlungen gebilligt hat.

Entlastungsbeweis
Entschuldigen kann sich der Geschäftsführer nur dann, wenn es sich um Zahlungen handelte, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Nun wird sich ein Geschäftsführer sagen, dass seine Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Betriebes gedient hätten, doch immer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar seien. Damit wird er keinen Erfolg haben. Der BGH hat in der Leitentscheidung vom 8. Januar 2001 – II ZR 88/99 – definiert, was unter der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes in der Insolvenzsituation zu verstehen ist.
Der hierfür anzulegende Maßstab bestimmt sich nach den Ausführungen des BGH nicht allein nach den allgemeinen Verhaltenspflichten eines Geschäftsführers, der bei seiner Amtsführung Recht und Gesetz zu wahren habe. Vielmehr sei der Maßstab an dem besonderen Zweck des § 64 GmbHG auszurichten. Die verteilungsfähige Vermögensmasse einer insolvenzreifen GmbH ist im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.
Für einen Geschäftsführer ist es also nicht getan, die einzelnen Zahlungen damit zu begründen, dass sie zur Weiterführung des Geschäftsbetriebes notwendig gewesen seien. Diese Pflicht trifft grundsätzlich jeden Geschäftsführer unabhängig davon, ob die Insolvenzsituation eingetreten ist oder nicht. Die Verhaltenspflichten für einen Geschäftsführer in der Insolvenzsituation sind enger.
Es kann hier kein Anspruch auf Vollständigkeit gegeben werden, im Wesentlichen fallen darunter aber nur Zahlungen, die den sofortigen Zusammenbruch des Unternehmens verhindern sollen. Das sind zum Beispiel Telefonkosten, Kosten für die Reparatur des Betriebsgebäudes, um größeren Schaden zu verhindern, Heizöl (Verhinderung eines Frostschadens) und natürlich Stromkosten. Sämtliche anderen Zahlungen, die nicht mit der zuvor definierten Sorgfalt vereinbar sind, hat der Geschäftsführer an den Insolvenzverwalter zu erstatten, der diese Beträge zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger verwendet.

Beiträge zur Sozialversicherung
Außerordentlich problematisch wurde die Situation für Geschäftsführer, wenn es darum ging die Sozialversicherungsbeiträge an die Krankenkassen abzuführen. Nach dem Bundesgerichtshof (BGH) durfte ein Geschäftsführer in der Insolvenzsituation nur Zahlungen veranlassen, die mit der so genannten “Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes” vereinbar waren. Bei den Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung und auch bei den Löhnen handelte es sich, nach Ansicht des zweiten Zivilsenates des BGH (zuständig für das Gesellschaftsrecht), im Allgemeinen nicht um solche Zahlungen. Der Geschäftsführer musste auch diese Zahlungen zurückhalten, damit diese Beträge zur gleichmäßigen Befriedigung sämtlicher Gläubiger und nicht nur den Sozialkassen und den Arbeitnehmern zur Verfügung standen.
Hier konnte der Geschäftsführer vielleicht noch den ein oder anderen Lohn rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer bespielsweise erforderlich war, eine bestimmte, gebäudeerhaltende Reparatur vorzunehmen. Der Grundsatz aber war, dass der Geschäftsführer diese Zahlungen ebenfalls zu erstatten hatte. Auf der anderen Seite machte er sich strafbar, wenn er die Arbeitnehmeranteile zu den Sozialversicherungen nicht abführte.
Der Geschäftsführer stand nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH vor einem echten Dilemma. Der zweite Zivilsenat begründete eine Haftung nach § 64 Absatz 2 GmbH-Gesetz (GmbHG) des Geschäftsführers persönlich und der fünfte Strafsenat, hielt eine Strafbarkeit auch dann für gegeben, wenn sich der Geschäftsführer nach dem Normbefehl des zuvor zitierten GmbH-Gesetz ausgerichtet hatte. Zahlte er nicht, machte er sich strafbar. Zahlte er, war er in der persönlichen Haftung.
Hierzu gab es für den Geschäftsführer bisher eigentlich nur eine Lösung. Er zahlte an die Sozialversicherungsträger und machte diesen gleichzeitig die Mitteilung, dass er zahlungsunfähig war. In diesem Falle konnte er darauf hoffen, dass der Insolvenzverwalter die geleisteten Zahlungen von der Krankenkasse im Wege der Insolvenzanfechtung zurückfordern würde. Damit käme eine zusätzliche Haftung des Geschäftsführers nicht mehr in Betracht.
Sicher konnte der Geschäftsführer hier allerdings auch nicht sein. Der Insolvenzverwalter war keineswegs verpflichtet, primär im Wege der Insolvenzanfechtung die Sozialkassen in Anspruch nehmen. Er konnte auch den Geschäftsführer primär in Anspruch nehmen, wenn die Ansprüche aus Insolvenzanfechtung beispielsweise verjährt waren. Diese Grundsätze gelten auch für abgeführte Steuern.
Zumindest das Dilemma um die Sozialbeiträge hat der BGH mit Urteil vom 14. Mai 2007 gelöst (II ZR 48/06). Zahlungen des Geschäftsführers an die Sozialkassen sieht der zweite Zivilsenat im Rahmen von § 64 Abs. 2 GmbHG als privilegiert an. Somit kann ein Geschäftsführer bei Zahlungen von Arbeitnehmeranteilen an die Sozialversicherungen nicht mehr persönlich in die Haftung genommen werden. Diese Entscheidung war durchaus überraschend. Im Jahre 2005 hatten die Bundesrichter noch an ihrer Entscheidung aus 2001 (II ZR 88/99) festgehalten, wonach die Sozialbeiträge sehr wohl der persönlichen Haftung des Geschäftsführers zugerechnet wurden.

Kenntnis der Insolvenzreife oder schuldhafte Nichtkenntnis
Es bleibt noch zu erwähnen, dass der BGH in der Entscheidung vom 14. Mai 2007 (II ZR 48/06), weiterhin ausgeführt hat, dass eine Haftung des GmbH-Geschäftsführers nur dann in Betracht kommt, wenn er schuldhaft gehandelt habe. Für die Haftung des Vertretungsorgans reiche die Erkennbarkeit der Insolvenzreife aus. Dass der BGH das Verschulden des Geschäftsführers im Sinne der Erkennbarkeit der Insolvenz als besondere Voraussetzung für seine Haftung ansieht, war nicht zwingend. Der Wortlaut des Gesetzes setzt ein solches Verschulden nicht voraus.
Außerdem sei § 64 GmbHG keine Schadensersatznorm, sondern ein Ersatzanspruch eigener Art. Bei einem Schadensersatzanspruch ist es zwingend, dass ein besonderes Verschulden vorausgesetzt wird. Nimmt man – wie der BGH – einen Ersatzanspruch eigener Art an, ist es nicht zwingend, dass zur Erfüllung des Tatbestandes ein Verschulden vorausgesetzt wird.
In der Entscheidung II ZR 88/99 aus 2001 hatten die Richter ein Verschulden noch alleine dahingehend definiert, dass keines vorliegt, wenn die Verhaltenspflichten eines ordentlichen Geschäftsmannes eingehalten worden waren. Von Erkennbarkeit der Insolvenzreife war in dieser Entscheidung mit keinem Wort die Rede.
Im Ergebnis ist aber die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, dass ein Verschulden im Sinne einer Erkennbarkeit der Insolvenzreife erforderlich ist, wohl richtig. Eine Haftung zu begründen, ohne dass der Geschäftsführer von der Insolvenzreife weiß oder schuldhaft nicht weiß, geht wohl zu weit.

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Die Beweislast, dass ihn bezüglich der Nichtkenntnis der Insolvenzreife kein Verschulden trifft, liegt allein beim Geschäftsführer.
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Ebenso, dass die geleisteten Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar waren. Er muss sich also entlasten, ein Verschulden wird vermutet. In der zuletzt ergangenen Entscheidung vom 14.05.2007 konnte sich der Geschäftsführer entlasten. Er hatte einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer den Auftrag erteilt, den Jahresabschluss zum 31.12.2000 daraufhin zu überprüfen, ob die Gesellschaft nicht nur rechnerisch überschuldet, sondern insolvenzreif war und ein Insolvenzantrag gestellt werden musste.
Die Anforderungen, die die Erkennbarkeit der Insolvenzreife betreffen, sind sehr scharf. Von einem organschaftlichen Vertreter einer GmbH wird grundsätzlich erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Er handelt daher grundsätzlich fahrlässig und schuldhaft, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die für die Insolvenzantragspflicht erforderlichen Kenntnisse verschafft.

Verletzung der Insolvenzantragspflicht als weitere Voraussetzung
Bisher verdient die Entscheidung grundsätzlich Zustimmung. Allerdings muss kritisiert werden, dass die Haftung des Vorstandes – im Rahmen der Definition des Verschuldens bei der Insolvenzreife – eine schuldhafte Verletzung der Insolvenzantragspflicht voraussetzt. Aus den weiteren Ausführungen des BGH geht zwar hervor, dass ein Verschulden vorliegt, wenn der Geschäftsführer um die Insolvenzreife weiß oder sich schuldhaft nicht die nötigen Kenntnisse verschafft hat.
Problematisch könnten die Ausführungen jedoch deshalb sein, weil die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen haben. Das gilt sinngemäß, wenn sich eine Überschuldung der Gesellschaft ergibt. Im Allgemeinen wird dem Geschäftsführer hier eine Überlegungsfrist von drei Wochen eingeräumt.
Nun könnte die Entscheidung zu dem Fehlschluss verleiten, dass Zahlungen, die noch innerhalb der Dreiwochenfrist liegen, nicht in die Haftung führen. Zu diesem Schluss könnte man gelangen, wenn der BGH neben der Kenntnis der Insolvenzreife oder der schuldhaften Nichtkenntnis noch ein weiteres Tatbestandsmerkmal der “Verletzung der Insolvenzantragspflicht” aufgestellt hätte. Dies widerspräche jedoch der allgemeinen Meinung, die auch die Bundesrichter bisher nie in Frage gestellt haben.
Zu verstehen ist dies dahingehend, dass der Geschäftsführer eine Überlegungsfrist für die Insolvenzantragsstellung von drei Wochen hat. Leistet er aber Zahlungen wenn bereits Insolvenzreife vorliegt, hat er diese Zahlungen auch dann zu erstatten, wenn sie in die drei Wochen Überlegungsfrist fallen. Festzuhalten ist also, dass die Geschäftsführer auch die Zahlungen zu erstatten hat, die in die Überlegungsfrist fallen.
Abgesehen davon dient die Frist auch nur dazu, einen gewissen Zeitraum für Sanierungsbemühungen zu gewähren. Steht bereits vor Ablauf der Dreiwochenfrist fest, dass Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit vorliegt und Sanierungsbemühungen aussichtslos sind, muss vor Ablauf der Frist der Insolvenzantrag gestellt werden.

Stand: 31.08.2007

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